Warum Zellen sich selbst verdauen – Der tägliche Happen Wissen

Geschrieben von Marina Lommel
3 Minuten Lesezeit
20. September 2016 zuletzt aktualisiert am 1. August 2023 von Annalena Gebhardt

Richtig gelesen. Deine Zellen können sich selbst verdauen.

Wenn bestimmte Signale vorhanden sind, beginnt ein Zelle Bestandteile von sich selbst abzubauen. Dann werden Proteine oder ganze Zellorganellen – z.B. Mitochondrien – in ihre Einzelteile zerlegt und weiterverwertet.

Diesen Prozess nennt man Autophagie oder – noch etwas wissenschaftlicher – Autophagozytose.

Gesteuert wird die Autophagie von komplexen molekularen Prozessen. Denn nichts wäre dämlicher, als wenn plötzlich einfach hier und dort wahllos Zellen ihren eigenen Abbau beginnen würden. Nein, das Ganze muss natürlich höchst organisiert und kontrolliert ablaufen.

Mit an der Regulation beteiligt sind zum Beispiel die Enzyme mTOR und AMPK. Gemeinsam messen sie, wie viel Energie und Nährstoffe (z.B. Aminosäuren) der Zelle zur Verfügung stehen. Dann wird entschieden, ob so viel Energie vorhanden ist, dass neue Zellstrukturen aufgebaut werden können, oder ob man eher mit der Energie haushalten sollte. Entscheiden sie sich für Autophagie, werden alte Zellbestandteile abgebaut, die eh mal wieder ausgetauscht werden können und im Moment verzichtbar sind. Die daraus gewonnenen Bestandteile werden zum Aufbau von unverzichtbaren Zellbestandteilen genutzt, um auch unter schwierigen Bedingungen das Überleben der Zelle zu sichern.

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Sinn der Autophagie

Das Einsparen von Energie und Nährstoffen ist nicht der einzige Grund dafür, dass dieser Mechanismus in unseren Zellen existiert. Andere Funktionen der Autophagie sind:

  • Schutz vor Fremdkörpern: Wenn Viren oder Bakterien in Zellen eindringen, können sie durch den „Friss Dinge, die in der Zelle sind“-Mechanismus unschädlich gemacht werden.
  • Wartung und Reparatur: Wurden Organellen und Proteine beschädigt oder direkt falsch zusammengebaut, werden sie durch die Autophagie abgebaut und können korrekt wieder von null auf entstehen. Immer wieder schafft es aber ein fehlerhaftes Protein am Kontrollmechanismus vorbei und wird nicht verdaut. Das könnte mit ein Grund für die Zellalterung sein.
  • Kontrollierter Zelltod: Wenn eine Zelle so beschädigt ist, dass keine Rettung mehr besteht, wird ein kontrollierter Zelltod eingeleitet. Parallel wird oft die Autophagie beobachtet. Man weiß aber noch nicht, ob diese den Zelltod unterstützen soll, oder ob sie der letzte Versuch der Zelle ist, sich selbst zu retten.

Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass Kalorienrestriktion das Leben verlängern soll. Dies ist zumindest im Tierversuch mehrfach bestätigt worden. Der Mechanismus, der dahinter steckt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Autophagie. Die Zellbestandteile werden öfter ab- und neu aufgebaut. So werden fehlerhafte Teilchen minimiert.

Wenn du die Effekte der Kalorienrestriktion für dich nutzen möchtest, musst du aber keineswegs hungern. Auch intermittierendes Fasten fördert die Autophagie der Zellen.

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Abkürzungen und Fachwörter

mTOR = „mechanistic Target of Rapamycin“, früher „mammalian Target of Rapamycin“; ein Enzym, das am Wachstum, dem Überleben und der Weiterentwicklung von Zellen beteiligt ist.

AMPK = „AMP-aktivierte Proteinkinase“; ein Enzym, das den Aufbau körpereigener Strukturen reguliert.

AMP = Adenosinmonophosphat; Teil des Energiestoffwechsels der Zellen.

Organell = ein kleines „Organ“ der Zelle, zum Beispiel ein Mitochondrium.

Aminosäuren = Bausteine der Proteine.

Kalorienrestriktion = Das bewusste Einschränken der Kalorienzufuhr / bewusst so wenig essen, dass man noch Hunger hat.

Der tägliche Happen Wissen

Diese neue Rubrik soll einen kurzen Einblick in Themen aus der Ernährungswissenschaft bieten.

Der Artikel wurde geschrieben von

Marina Lommel

Marina gründete Foodpunk nach ihrem Abschluss in Ernährungswissenschaften und ist aktuell CEO des Unternehmens. Während ihres Studiums arbeitete sie in verschiedenen Bereichen, darunter in der Wissenschaftsredaktion beim Radio, Redaktion beim TV und Uni-Wissensmagazin sowie im Labor am DZNE in der Parkinsonforschung. Marina ist außerdem Autorin von 5 ernährungswissenschaftlichen Sachbüchern.

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