Ernährung während der Schwangerschaft – Essen für zwei?

Geschrieben von Luisa Müller
10 Minuten Lesezeit
27. März 2020 zuletzt aktualisiert am 1. August 2023 von Annalena Gebhardt

Werdende Mamas haben in der Schwangerschaft die verantwortungsvolle Aufgabe, nicht nur sich, sondern auch ihr heranwachsendes Baby gut und ausreichend zu versorgen. Warum währenddessen einfach „für zwei essen“ aber nicht die richtige Herangehensweise ist und auf was es stattdessen ankommt, klären wir in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

    1. Qualität vor Quantität

    Die Ernährung während der Schwangerschaft hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes im Bauch. Ziemlich rasch wächst im Mutterleib ein neuer Erdenbürger heran, der eine adäquate Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen benötigt.

    „Endlich schwanger! Dann kann ich ab jetzt ja für zwei essen!“

    Pustekuchen. Diesem weit verbreiteten Irrtum, dass sich während einer Schwangerschaft der Energiebedarf der Mutter verdoppelt, müssen wir leider gleich zu Beginn widersprechen. Eine Schwangerschaft rechtfertigt nicht, über mehrere Monate hinweg doppelte Portionen zu essen (auch wenn es vielleicht eine Wunschvorstellung ist).

    Energiebedarf

    Der Energiebedarf steigt natürlich schon etwas an. Jedoch nicht um ganze 100 Prozent, sondern nur um circa 10 Prozent und das vor allem in den letzten Monaten der Schwangerschaft. Häufig werden Richtwerte um die 200 zusätzliche Kalorien im zweiten Trimester und um die 300 zusätzliche Kalorien im dritten Trimester empfohlen – die Zeit, in der das Baby sehr schnell wächst. Die Gesamtkalorienanzahl pro Tag hängt dabei von vielen verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise der Größe der werdenden Mama, dem Ausgangsgewicht oder der sportlichen Aktivität. Eine schwangere Frau sollte nie hungern müssen. Eine Abnahme ist während dieser Zeit nicht sinnvoll, da die ausreichende Versorgung des Babys bei einem Kaloriendefizit gefährdet wäre.

    Nährstoffbedarf

    Was sich in der Zeit der Schwangerschaft tatsächlich stark erhöht, ist der Bedarf an verschiedenen Nährstoffen, wie Vitaminen und Mineralstoffen. Es ist deshalb besonders wichtig, als zukünftige Mutti viel Wert auf die Qualität der Nahrung zu legen. Eine gesunde und vielfältige Ernährung gewährleistet die beste Versorgung mit wichtigen Nährstoffen und ist für das Wachstum und die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung.

    Die Devise zur Ernährung während der Schwangerschaft lautet also: Qualität vor Quantität.

    Du möchtest dich auch gesünder ernähren?

    2. Dos and Don'ts

    Do

    Frisches Gemüse und Obst in all ihren Farben und Formen, Eier, Fleisch, Fisch, Nüsse, Oliven, …Die perfekte Ernährung ist auch während der Schwangerschaft abwechslungsreich und frisch. Verschiedene Lebensmittel liefern eine Vielzahl an Nährstoffen. Je breiter das Spektrum an Gemüse und Co., desto besser kann der Bedarf gedeckt werden. Je bunter die Ernährung, desto doller!

    Um keine Gefahr zu laufen, ungewollte Krankheitserreger mit den Lebensmittel aufzunehmen, sollte man sowohl Obst als auch Gemüse während der Schwangerschaft sehr, sehr gründlich waschen. Zusätzlich ist es für alle Mütter in spe wichtig viel zu trinken, natürlich vor allem Wasser. Auch ausreichend Bewegung gehört zu einem gesunden Lebensstil dazu und sollte neben gesunder Ernährung, während der Schwangerschaft ein Teil des Alltags sein.

    Don´t

    Uncool und unnötig sind in der besonderen Zeit hingegen stark verarbeitete Lebensmittel, Zuckerbomben, Fast Food und alles was unaussprechliche Zutaten beinhaltet. Es liefert weder Mama noch Kind Nährstoffe, sondern leere Kalorien, die im Endeffekt nur das Gewicht zusätzlich nach oben treiben. Also Finger weg! (Kleine Bemerkung am Rande: Das gilt nicht nur für Schwangere, sondern für alle von uns.)

    Es gibt auch bestimmte Lebensmittelgruppen, die werdende Mütter nicht – oder nur eingeschränkt – essen sollten, um die Gesundheit des Kindes nicht zu gefährden. Vor allem rohe tierische Produkte sind dabei ein absolutes No-Go. Durch ihren Verzehr besteht während der Schwangerschaft eine erhöhte Gefahr der Listeriose: Eine Infektion, die durch Listerien (Bakterien) verursacht wird und lebensgefährlich für ein Ungeborenes werden kann.

    Schwangere Frauen sollten folgende Dinge nicht konsumieren:

    • Rohmilchprodukte (z.B. Feta aus Rohmilch, Rohmilchkäse, Weichkäse, …)
    • Rohe Eier und deren Produkte (z.B. Mayonnaise)
    • Rohes Fleisch und roher Fisch (auch Rohwürste, wie z.B. Salami)
    • Abgepackter Salat (Gefahr einer bakteriellen Belastung)
    • Energydrinks (die Auswirkungen auf das Kind sind unbekannt)
    • Alkohol
    • Zigaretten
    • Kaffee nur moderat (bis zu 3 Tassen pro Tag gelten derzeit als unbedenklich)

    3. Nährstoffsupplementierung

    Trotz vielfältiger Ernährung gibt es ein paar Nährstoffe, die allein durch die Nahrung nicht gedeckt werden können und somit supplementiert werden müssen. Hierzu gehören vor allem Folsäure, Jod und unter Umständen Eisen.

    Folsäure

    ist ein B-Vitamin, das natürlicherweise in Spinat, Spargel oder Kohl vorkommt. Der menschliche Körper kann es nicht selbst herstellen und ist somit auf die Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Während einer Schwangerschaft steigt der Bedarf an Folsäure stark an. Die Nahrung kann den Bedarf jedoch nicht vollständig decken, weswegen eine Supplementierung unabdingbar ist. Wachstum und Zellteilung benötigen das Vitamin – ein Mangel kann schwere Fehlbildungen wie Neuralrohrdefekte zur Folge haben. Da das Vitamin bereits in den ersten Tagen und Wochen einer Schwangerschaft von großer Bedeutung ist, wird geraten, schon während des Kinderwunsches Folsäure zu supplementieren. Während der Schwangerschaft wird die Einnahme fortgeführt, meist mit einer höheren Dosis.

    Jod

    Auch der Jodbedarf ist in der Schwangerschaft unter anderem durch eine gesteigerte Produktion von Schilddrüsenhormonen erhöht. Zusätzlich zu Folsäure wird aus diesem Grund auch Jod in der Schwangerschaft supplementiert, um eine gesunde Entwicklung des Kindes zu gewährleisten.

    Eisen

    In manchen Fällen (z.B. bei einer veganen Ernährung) muss on top meist Eisen eingenommen werden. Dies sollte jedoch immer mit einem Arzt abgeklärt werden, da die Daten zu einer generellen prophylaktischen Eisen-Supplementierung nicht eindeutig sind und somit keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden können.

    4. Vegetarier und Veganer

    Auch Vegetarier und Veganer sollten Folsäure und Jod in der Schwangerschaft supplementieren.

    Sind in einer vegetarischen Ernährung Milchprodukte und Eier inbegriffen, kann der weitere Nährstoffbedarf häufig ganz gut gedeckt werden. Eventuell muss zusätzlich Eisen, Vitamin B12, DHA (Omega-3 Fettsäuren) oder Zink durch Supplemente eingenommen werden.

    Eine vegane Ernährung setzt in der Schwangerschaft in der Regel die Supplementierung folgender Nährstoffe voraus, um eine ausreichende Entwicklung des Kindes zu gewährleisten: Eisen, Vitamin B12, Zink, DHA und Calcium.

    Generell sind Supplementierungen – egal ob Vegetarier, Veganer oder keins von beidem – immer mit dem Arzt abzusprechen, um die beste Entwicklung des Babys zu jeder Zeit sicherzustellen. Dabei empfiehlt sich das Gespräch nicht nur während, sondern auch schon vor einer geplanten Schwangerschaft zu suchen.

    5. Adäquate Gehirnentwicklung und -funktion in jedem Alter

    Die Nervenzellen unseres Gehirns benötigen für ihren Aufbau und die richtige Funktion ausreichend Omega-3 FettsäurenDas gilt für jedes Alter und somit auch während der Entwicklung im Bauch der Mutter. Aus diesem Grund sollten auch alle werdenden Mamas ausreichende Menge dieser Fettsäuren aufnehmen. Fette Fischarten wie Lachs oder Makrele gehören in jedem Fall regelmäßig auf den Speiseplan! Da Vegetarier und Veganer diese Lebensmittel in der Ernährung ausschließen, wird ihnen meist eine Supplementierung mit DHA (Omega-3 Fettsäuren) vom Arzt verschrieben (siehe oben).

    Zusätzlich sind für eine gute Entwicklung des Gehirns auch ausreichende Mengen an Cholin und Cholesterin zu empfehlen, da sie beide für den Aufbau der Zellwände benötigt werden. Auch diese Empfehlung gilt für alle Lebensphasen und schließt somit die Schwangerschaft mit ein. Eier sind super Lieferanten für beide Stoffe. Werdende Muttis sollten sie auf keinen Fall roh essen, gekocht dürfen sie aber sehr gerne auf dem Teller landen. Dabei sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Eier von guter Qualität sind – am besten aus Freilandhaltung vom Hof des Vertrauens.

    (Einzelheiten zu Cholesterin und dessen wichtigen Aufgaben in unserem Körper kannst du in unserem Artikel “Alles über Cholesterin” nachlesen.)

    6. Gewichtszunahme

    Dass werdende Mütter an Gewicht zunehmen, ist die natürlichste Sache der Welt. Nicht nur das Gewicht des Babys trägt dazu bei, auch die Gebärmutter oder das Fruchtwasser haben unter anderem Einfluss auf die Zahl auf der Waage.

    10 bis 17 Kilo sind während der Schwangerschaft bei normalgewichtigen Frauen eine Orientierung für eine passende Gewichtszunahme. Untergewichtige sollten etwas mehr zunehmen, Übergewichtige etwas weniger.

    Eine gewünschte Gewichtsabnahme sollte im besten Fall vor einer geplanten Schwangerschaft angestrebt werden, da es währenddessen nicht ratsam ist, durch ein Kaloriendefizit die gewünschten Pfunde purzeln zu lassen. Als werdende Mutter sollte man die für den Körper notwendige Menge an Energie nicht unterschreiten, um sowohl Mama als auch Kind, jederzeit vor Mängeln oder Unterernährung zu schützen. Ausnahmen können nach ärztlicher Absprache stark übergewichtige Frauen mit gesundheitlichen Problemen sein (z.B. Schwangerschaftsdiabetes).

    7. Kohlenhydratmenge

    Die Studienlage für eine kohlenyhdratreduzierte Ernährung während der Schwangerschaft ist leider bisher noch sehr gering. Es gibt einige Frauen, die sich während der Schwangerschaft Low Carb (weniger als 100 Gramm Kohlenhydrate) ernähren und quietschfidele Kinder zur Welt bringen.

    Dennoch sind diese Erfahrungsberichte derzeit noch nicht ganz ausreichend, um eine klare Empfehlung für eine Low Carb Ernährung  während der Schwangerschaft auszusprechen. Vor allem langfristige wissenschaftliche Daten über die Entwicklung auch nach der Geburt, sind bisher kaum vorhanden. Aus diesem Grund raten wir derzeit nicht zu einer Low Carb Ernährung während der Schwangerschaft. Ausnahmen können gesundheitliche Probleme wie Schwangerschaftsdiabetes sein (nicht auf eigene Faust!).

    Für Schwangere erstellen wir bei Foodpunk Pläne mit 100 Gramm Kohlenhydraten pro Tag, mit einem zusätzlichen, wichtigen Hinweis: Werdende Mütter sollten nach eigenem Gefühl die Menge an Kohlenhydraten selbstständig noch weiter erhöhen. Sie sollten zusätzlich zu den Gerichten in ihrem Plan, noch mehr Obst oder Sättigungsbeilagen wie beispielsweise Reis oder Kartoffeln essen (nicht Schokoriegel und Fertigpizza ), wenn sie das Gefühl haben, sie fühlen sich sonst nicht wohl oder wären zu schlapp.

    Die Gerichte in unseren Ernährungsplänen sind wunderbar für Schwangere geeignet, sie versorgen durch das viele frische Gemüse, die guten Fette und das hochwertige Protein, Mama und Kind mit vielen wichtigen Nährstoffen.

    Es ist dennoch immens wichtig, dass man in dieser besonderen Zeit auf sein eigenes Gefühl und Wohlbefinden hört und das Essen entsprechend anpasst. Jeder Körper ist anders und sollte so behandelt werden, wie es für Mutter und Kind am perfektesten ist. Das kann von Frau zu Frau sehr unterschiedlich sein und bedeutet, dass die Mengen selbstständig unter Umständen noch erhöht oder Zutaten ergänzt werden sollten.

    8. Allergieprävention

    Keine Haselnüsse essen, damit das Kind später keine Haselnussallergie bekommt? Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das Meiden potenzieller Nahrungsmittelallergene während der Schwangerschaft, das Allergierisiko des Kindes mindern könnte. Mittlerweile geht man sogar davon aus, dass durch das Vorenthalten von Lebensmitteln, die eine Allergie auslösen könnten, dem Kind keine Chance bleibt eine Toleranz dieser gegenüber zu entwickeln. Der Verzehr von Seefisch, wird zum Beispiel durch den hohen Gehalt an Omega- 3 Fettsäuren als protektiv für Allergien gesehen.

    Es gilt also: So abwechslungsreich und nährstoffreich wie möglich essen! So wird dem Kind die bestmögliche Entwicklung während der Schwangerschaft und darüber hinaus ermöglicht. Für den Fall dass die werdende Mama nicht selbst allergisch ist, sollten keine Lebensmittel vermieden werden, nur um einer Allergie des Babys vorzubeugen.

    9. Kurzgefasst

    Die richtige Ernährung während der Schwangerschaft ist enorm wichtig, um dem Baby eine adäquate Entwicklung zu ermöglichen. Das, was die werdende Mama zur Verfügung stellt, hat direkten Einfluss auf das heranwachsende Kind.

    Es gilt: Qualität vor Quantität. Frische, vielfältige Lebensmittel sind das A und O, um den erhöhten Nährstoffbedarf während einer Schwangerschaft gut abzudecken. Die Supplementierung mit einigen Nahrungsergänzungsmitteln ist zusätzlich nötig.

    Die Studienlage zur Low Carb Ernährung während der Schwangerschaft ist derzeit noch sehr gering, weswegen wir bei Foodpunk zu höheren Mengen an Kohlenyhdraten raten. Unsere Pläne mit 100 Gramm Kohlenhydraten pro Tag eignen sich für eine gesunde Ernährung während der Schwangerschaft – basierend auf frischen und gesunden Lebensmitteln. Werdende Mamis sollten die Kohlenyhdratemenge selbstständig noch weiter erhöhen, wenn ihr Körper danach verlangt.

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    Bildquelle schwangere Frau: Shutterstock.com_4 PM Production

    Der Artikel wurde geschrieben von

    Luisa Müller

    Luisa ist die Autorin dieses Artikels. Sie hat an der TU München ihren Bachelor in Ernährungswissenschaft und ihren Master in Nutrition and Biomedicine erfolgreich abgeschlossen. Nachdem sie einige Jahre in der Diabetes- und Adipositasforschung gearbeitet hat, wurde sie Teil des Foodpunk-Teams, wo sie bis September 2020 die Science-Redaktion geleitet hat.

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