Hashimoto – die häufigste Form der Schilddrüsenunterfunktion

Geschrieben von Juliana Gutzmann
11 Minuten Lesezeit
10. Februar 2021 zuletzt aktualisiert am 22. August 2023 von Annalena Gebhardt
Frauen mit Hashimoto

Hashimoto? Gesundheit! Was klingt wie ein kräftiger Nieser ist in Wahrheit eine Autoimmunerkrankung. Hochwissenschaftlich gesagt: Die Thyreoiditis (Entzündung der Schilddrüse) wird chronisch (langanhaltend) und beschädigt so die Zellen der Schilddrüse, bis es zu einer andauernden Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) kommt. Daher wird sie auch chronische Immunthyreoiditis – Hashimoto genannt. Zu kompliziert? Wir erklären es gleich nochmal ganz in Ruhe. Warum? Die Autoimmunerkrankung macht etwa 80 Prozent aller Fälle von Schilddrüsenerkrankungen aus. Dabei trifft es Frauen neunmal häufiger als Männer. Es wird Zeit offen über Hashimoto zu reden.

Inhaltsverzeichnis

    1. Die Basics

    Was ist eine Autoimmunerkrankung?

    Grob gesagt könnte man es so ausdrücken: Der Körper bekämpft sich selbst. Das Immunsystem erkennt körpereigene Strukturen nicht mehr und geht gegen sie vor als wären es Fremde. Er ist klassisch „verwirrt“.

    Was passiert bei Hashimoto?

    Wenn dein Körper erkennt, dass fremde Proteine in die Blutbahn gelangen, wie zum Beispiel Krankheitserreger oder auch Allergene, werden Antikörper gebildet. Diese Antikörper sind spezifisch an ihr Ziel angepasst – sie sind also speziell gegen bestimmte Bakterien oder bestimmt Allergene. Bei Hashimoto bildet der Körper Antikörper gegen Schilddrüsenzellen, Hormone oder Proteine… also körpereigene Strukturen, die eigentlich ungestört arbeiten dürften. Wenn sie aber immer wieder von den gebildeten Antikörpern bekämpft werden, tragen die Strukturen irgendwann Schaden davon. Langfristig führt dies zur Unterfunktion der Schilddrüse.

    Wie kann ich herausfinden, ob meine Schilddrüse richtig arbeitet?

    Du kannst z.B. beim Arzt deine Schilddrüsenwerte checken lassen oder zuhause mit einem Test z.B. bei Cerascreen.

    Kleines Insiderwissen am Rande

    Die Krankheit wurde nach dem Japaner Hakaru Hashimoto benannt. Der Arzt entstammte einer traditionsreichen Medizinerfamilie und beschrieb sie bereits 1912 – ausgerechnet in einer deutschen Fachzeitschrift. Er wollte damit sichern, dass sie international bekannt wird. In seiner Heimat war er dagegen nahezu unbekannt.

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    2. Was ist Hashimoto?

    Für die Hashimoto-Thyreoiditis gibt es viele Namen: Chronische Thyreoiditis Hashimoto, chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis, Morbus Hashimoto, Autoimmunthyreoiditis, Hashimoto-Syndrom, Hashimoto-Krankheit oder die von uns genutzte Kurzform Hashimoto.

    Bei der Autoimmunerkrankung Hashimoto bildet der Körper Antikörper gegen die Eiweiße der Schilddrüsenhormone. Eins davon ist Thyreoglobulin – das Protein, an dem die Schilddrüsenhormonsynthese von Thyroxin und Triiodthyronin stattfindet (mehr dazu findet ihr in unserem Artikel “Alles über die Schilddrüse“). Durch die Zerstörung der Eiweiße werden überproportional viele Hormone (Thyroxin und Triiodthyronin) freigesetzt. Das führt zu Symptomen einer Überfunktion der Schilddrüse. Es ist, als ob eine Wasserbombe plötzlich platzt. Kurzzeitig ist alles nass… aber es kommt kein neues Wasser mehr nach. Diesen Zustand nennt man Hashitoxikose. Langfristig führt er zu einer Schilddrüsenunterfunktion.

    Es gibt zwei Verlaufsformen von Hashimoto:

    • Bei der klassischen Form vergrößert sich die Schilddrüse, da sie durch die Schilddrüsenunterfunktion mehr arbeiten muss. Es bildet sich eine Struma (=der Fachbegriff für die Vergrößerung der Schilddrüse), umgangssprachlich auch „Kropf“ genannt.
    • Bei der atrophischen Form wird Schilddrüsengewebe zerstört und das Organ schrumpft. Auch hier ist die Langzeitfolge eine Schilddrüsenunterfunktion.

    In Deutschland wird die atrophische Form der Hashimoto-Thyreoiditis häufiger beobachtet als die klassische Form.

    3. Symptome bei Hashimoto

    Bei Hashimoto kann es zu verschiedenen Symptomen kommen, die von Mensch zu Mensch variieren. Zu Beginn der Erkrankung leiden viele an einer Phase der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) die später in eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) umschlägt. Manche Betroffene merken nichts oder wenig von ihrer Hashimoto Thyreoiditis und bekommen diese Diagnose zufällig bei Routine-Untersuchungen gestellt.

    Symptome bei Hashimoto

    4. Wer kann Hashimoto bekommen?

    Besonders stark gefährdet sind Menschen, die bereits andere Autoimmunerkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 1 haben. Durch die bereits vorhandene Fehlfunktion des Immunsystems kann es vorkommen, dass es auch zur Schädigung anderer Organe oder Körperstrukturen kommt.
    Bei Diabetes mellitus Typ 1 werden z.B. zuerst die Zellen der Bauchspeicheldrüse vom Immunsystem angegriffen – über die Jahre kann es dann auch zum ausgedehnten Angriff auf die Schilddrüse kommen. Weitere Autoimmunerkrankungen, die oft in Zusammenhang mit Hashimoto auftreten, sind Morbus Addison, Zöliakie oder eine schwere Form von Blutarmut (perniziöse Anämie). Ebenfalls eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielt offenbar die Leberentzündung vom Typ C (Hepatitis C).

    Frauen erkranken sehr viel häufiger als Männer an Hashimoto Thyreoiditis – etwa neunmal so oft. Man vermutet, dass Frauen durch hormonelle Vorgänge im Körper stärker betroffen sind. Vor allem das wichtigste weibliche Sexualhormon Östrogen hat einen großen Einfluss auf die Schilddrüse und die von ihr gebildeten Schilddrüsenhormone. Dazu kommt noch Prolaktin: Ein Hormon, das u.a. die Milchproduktion in der Brustdrüse der Mutter nach der Geburt anregt. Da Prolaktin das Immunsystem beeinflusst, nimmt man an, dass es generell in Verbindung mit Autoimmunerkrankungen steht. Oft findet man bei Frauen, die an Hashimoto erkrankt sind, auch einen erniedrigten Progesteronspiegel. Dieses Hormon beeinflusst die Menstruation und den Erhalt einer Schwangerschaft. In den meisten Fällen tritt die Krankheit im Alter zwischen 40 und 50 Jahren auf.

    Da Hashimoto-Thyreoiditis oft mehrfach in der Familie auftritt, vermutet man außerdem, dass es eine genetische Veranlagung für die Erkrankung gibt.

    5. Was begünstigt die Entstehung von Hashimoto?

    Eine krankhafte Erbanlage (genetische Disposition) ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man gefährdet ist, an einer Autoimmunerkrankung wie Hashimoto-Thyreoiditis erkranken zu können. Dabei beteiligte Gene gehören zum sogenannten HLA-Komplex (human leukocyte antigen-Komplex). Dieser ist zuständig für das qualifizierte Unterscheiden zwischen körpereigenen und körperfremden Zellen oder Proteinen durch das Immunsystem. Dazu kommen immunregulatorische Gene wie z. B. CTLA4 oder CD40 und schildrüsenspezifische Gene wie TSHR oder Tg. Aber nicht jeder, der diese Erbanlagen in sich trägt, erkrankt im Laufe seines Lebens an Hashimoto-Thyreoiditis. Erst, wenn bestimmte auslösende Faktoren hinzukommen, erkranken die Genträger an Hashimoto. Zur angeborenen Empfindlichkeit müssen also noch ungünstige äußere Einflüsse hinzukommen, damit die Autoimmunerkrankung ausbricht:

    • Zu hohe Jodzufuhr (Zwangsjodierung unserer Lebensmittel)
    • Stress und psychische Belastung
    • Rauchen
    • Hormonschwankungen (Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre)
    • Schwere Viruserkrankungen (wie z.B.das Pfeiffersche Drüsenfieber)
    • Schwere Erkrankungen (z.B. Karzinome, Herzinfarkt)
    • Alkohol
    • Mangel an Selen, Eisen, Zink, Vitamin D3, Coenzym Q10, Omega 3-Fettsäuren
    • Störungen der mikrobiologischen Darmflora mit Schädigung der Darmwand
    • Nebennierenrinden-Dysfunktion
    • Umwelteinwirkung

    Die genauen Ursachen sind bei jedem Betroffenen verschieden. In den meisten Fällen entsteht Hashimoto durch eine Kombination verschiedener Ursachen. Diese individuelle Ausprägung von Hashimoto Thyreoiditis macht eine optimale Behandlung umso schwieriger.

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    6. Behandlung von Hashimoto

    Leider gibt es keine Therapie gegen die Ursache von Hashimoto. Die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion lassen sich aber in Tablettenform behandeln. Das künstliche Hormon Levothyroxin ersetzt dabei die fehlenden Schilddrüsenhormone. Hat die Erkrankung zu einer Vergrößerung der Schilddrüse geführt, kann man diese bei einer Operation entfernen.

    Zusätzlich zu den medizinischen Möglichkeiten kann man den Körper durch eine individuell auf sich abgestimmte Ernährung unterstützen.

    7. Hashimoto und Ernährung

    Kann ich Hashimoto durch meine Ernährung beeinflussen?

    Ganz klares: Ja! Es gibt Lebensmittel und Inhaltsstoffe, die „wühlen“ dein Immunsystem eher auf als es zu beruhigen und so der chronischen Entzündung entgegen zu wirken. Andere unterstützen und beruhigen es.

    Lachs ist gut bei Hashimoto

    Trotz aller Ratschläge gilt: Selbst zu testen ist die beste Methode, um Unverträglichkeiten und Toleranzen bei Hashimoto zu erkennen.

    Ein AIP, ein Autoimmunprotokoll, kann helfen die richtigen Lebensmittel für die individuelle Ernährung zu finden. Dabei lässt man für mindestens 30 Tage alle „heiklen“ Lebensmittel, wie Nüsse, Eier, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, gluten- und getreidehaltige Lebensmittel weg. Nach diesen 30 Tagen führt man sie Schritt für Schritt in immer größeren Mengen wieder ein – bis man für jede Gruppe weiß ob und wieviel man gut davon verträgt.

    Auch wenn eine Behandlung durch einen Arzt immer notwendig und wichtig ist, kann man mit der richtigen Ernährung viel bei Hashimoto bewirken. Wenn du Interesse an einem für dich individuell erstellten Plan hast: Unsere Ernährungsexperten sind für dich da!

    Der Artikel wurde geschrieben von

    Juliana Gutzmann

    Juliana ist die Autorin dieses Artikels. Sie hat nach ihrem Pharmaziestudium in Münster und Regensburg an der AMD München Journalismus und Medienkommunikation studiert und ihren Bachelor in Fashion Management & Communication an der ECBM erfolgreich abgeschlossen. Nachdem sie ein Jahr beim SHAPE Magazin gearbeitet hat, wurde sie Teil des Foodpunk-Teams, wo sie von September 2020 bis Dezember 2023 die Science-Redaktion geleitet hat.

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