Was ist eigentlich diese Bulletproof-Diät?

Geschrieben von Marina Lommel
8 Minuten Lesezeit
31. Oktober 2015 zuletzt aktualisiert am 31. Juli 2023 von Annalena Gebhardt
Bild: Cegli/shutterstock.com

Mehr Energie, kein Leistungstief, anstrengungslose Abnahme – das verspricht die Bulletproof-Diät. Doch was ist dran an diesem Trend, der gerade von Amerika nach Europa schwappt?

Inhaltsverzeichnis

    Die Bulletproof-Diät ist eine fettreiche Ernährungsweise, angelehnt an die Paleo-Ernährung. Echte, möglichst unverarbeitete Lebensmittel stehen im Zentrum. Der steinzeitromantische Ansatz à la „iss‘ nur, was dein Vorfahre in der Steinzeit zur Verfügung hatte“ wird bei der Bulletproof-Diät mit moderner Wissenschaft aufgepeppt. Ziel dieser Ernährungsweise ist es, sich so leistungsfähig zu fühlen wie nur möglich.

    Viele Vertreter der Paleo-Szene stellen eine Übersicht zusammen, die klar regelt, welches Lebensmittel Paleo ist und welches nicht. Auch bei der Bulletproof-Diät werden bestimmte Lebensmittel als schädlich und andere als sehr gesund eingestuft. Aber es geht dort noch einen Schritt weiter. Statt einer klaren Gegenüberstellung hat der Erfinder der Bulletproof-Diät, Dave Asprey, eine Roadmap erstellt. Diese Straßenkarte hilft, sich im Dickicht der Ernährung genauer zurecht zu finden. Für jede Lebensmittelgruppe gibt es dort eine Skala, auf der Lebensmittel von „extrem gesund“ bis „sehr schädlich“ eingestuft werden. So kann man zu jeder Zeit selbst entscheiden, wie „awesome“ man sich fühlen möchte und ob ein negativeres Lebensmittel es wert ist, dass man sich einfach mal nicht so „awesome“ fühlt. Awesome, das bedeutet so viel wie „großartig“, „spitze“, „überragend“, „fantastisch“ oder „hammergeil“. Überhaupt ist in Amerika ziemlich alles awesome. Die Sonne ist awesome, der Strand ist awesome, „wie geht’s dir?“ – „awesome“… Manchmal hat man das Gefühl, das Gegenüber hört einem gar nicht so genau zu, egal welche Geschichte man erzählt, die Antwort ist immer „Aaawwsome!“. Jeder möchte awesome sein, sich awesome fühlen und awesome performen. Diesen Nerv trifft Dave Asprey mit seiner Art ganz genau. Er will Menschen helfen „to kick more ass“, also in allem, was sie tun, wahnsinnig erfolgreich zu sein.

    Bitte nicht falsch verstehen. Dave Asprey ist ein unfassbar kluger Mann mit einem extrem großen Wissensschatz. Auf der Bulletproof Conference hat er mich trotz hunderter anderer Besucher auch am 3. Tag noch mit Namen erkannt. Aber gerade weil er so klug ist, weiß er auch genau, wie er die Fäden des Marketings zu ziehen hat, damit alle darauf anspringen.

    1. Das Verhältnis von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten

    Es gibt drei Aspekte, die bei der Bulletproof-Diät betrachtet werden: Das Verhältnis der Makronährstoffe, die Art und Qualität der Lebensmittel sowie das zeitliche Timing der Mahlzeiten.

    50-70% der Kalorien sollten in Form von Fett aufgenommen werden und bis zu 20% der Kalorien in Form tierischen Proteins. Dazu gibt es jede Menge Gemüse, das in der Summe bis zu 20% der Energieaufnahme ausmachen kann (ich habe genau 20% versucht, aber kaum geschafft). Schlussendlich gibt es noch ein paar Kohlenhydrate: Früchte und stärkehaltiges Gemüse dürfen bis zu 5% der Kalorien liefern.

    2. Art und Qualität der Nahrungsmittel

    Neben der Makronährstoffzusammensetzung wird bei der Bulletproof-Diät die Art der Nahrungsmittel betrachtet. Wie auch bei Paleo gibt es Lebensmittel, die absolut im roten Bereich der Skala sind: Soja, glutenhaltiges Getreide, Zucker, Margarine und andere. Der rote Bereich der Skala bedeutet: Lass das bloß weg, sonst fühlst du dich ziemlich elendig! Je mehr davon, desto elendiger wird’s.

    Aber auch diejenigen Lebensmittel, die generell im Rahmen einer Paleo-Ernährung erlaubt sind, werden bei der Bulletproof-Diät noch einmal genauer eingeteilt. Bei Paleo heißt es im Grunde: Viel Gemüse, gutes Fleisch und gesundes Fett. Bei der Bulletproof-Diät ist zum Beispiel Pak Choy besser als Grünkohl. Dave Asprey betrachtet auch das noch so kleinste Detail der Lebensmittel und beurteilt daraufhin, ob er es für „extrem gesund“, „sehr gesund“, „gesund“, „nicht so gesund“ und so weiter hält.

    Du möchtest dich auch gesünder ernähren?

    3. Lebensmittelwahl

    Folgende Lebensmittel sind bei der Bulletproof-Diät als beste Wahl eingestuft:

    Getränke: Kaffee aus speziellen Kaffeebohnen der Marke Bulletproof (das geschickte Marketing habe ich erwähnt, oder? Also kein Kommentar an dieser Stelle), hochqualitativer grüner Tee, verdünnte Kokosmilch, Wasser mit etwas Zitrone oder Limette, Mineralwasser aus Glasflaschen.

    Gemüse: (aus Bio-Anbau): Koriander, Pak Choy (nicht roh), Rosenkohl (nicht roh), Fenchel, Sellerie, Spargel, Brokkoli (nicht roh), Blumenkohl, Avocado, Salatgurke.

    Öle und Fette: Spezielles MCT-Öl der Marke Bulletproof (auch an dieser Stelle kein Kommentar), Ghee der Marke Bulletproof, Eigelbe von freilaufenden Hühnern, Krill-Öl (Nahrungsergänzungsmittel zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren), Knochenmark und Fett von Weiderindern, Kokosöl, Sonnenblumen-Lecithin (Nahrungsergänzungsmittel für das Gehirn), Avocado-Öl, Schokolade und Kakaobutter. Erst eine Stufe später auf der Skala folgt Weidebutter und Fischöl (wieder zur Omega-3-Supplementierung).

    Nüsse und Hülsenfrüchte: Kokosnuss, Oliven. Eine Stufe darunter auf der Skala findet man Mandeln, Macadamias, Haselnüsse, Cashews und Pekanüsse. Keine Sorge, die Hülsenfrüchte sind ganz am unteren Rand der Skala unter „bitte nicht“ aufgeführt. Dass neuerdings Oliven Nüsse oder Hülsenfrüchte sind, habe ich wohl verpasst.

    Milchprodukte: Mal wieder das spezielle Ghee der Marke Bulletproof, Butter aus Bio-Weidemilch, Kolostrum (Erstmilch der Kuh, der immunstärkende Wirkung zugesagt wird).

    Protein: Spezielles Molkenprotein der Marke Bulletproof (ich habe lange überlegt, ob ich an dieser Stelle schon wieder „keinen Kommentar“ schreiben soll), Collagen der Marke Bulletproof, CollaGelatin ebendieser Marke, Weiderind, Weidelamm, Eier freilaufender Hühner, Gelatine von Weiderindern, Kolostrum.

    Stärke: Süßkartoffel, Yam, Karotte, Speisekürbis, Butternut-Kürbis.

    Früchte: Brombeeren, Cranberries (frisch), Zitrone, Limette, Avocado, Kokosnuss, Blaubeeren.

    Gewürze und Aromen: Spezielles Kakaopulver der Eigenmarke, spezielle Vanille der Eigenmarke, Apfelessig, Meersalz, Ingwer, Koriander, Petersilie, Kaffee.

    Süßungsmittel: Erythrit, Xylit, Stevia.

    Zubereitungsmethoden: Roh oder ungekocht, leicht erhitzt. Ganz schlecht ist die Mikrowelle, Frittieren und schwarz anbraten.

    Natürlich kann man auch andere Gemüsesorten oder Proteinquellen verwenden. Aber diejenigen, die ganz auf der positiven Seite der Skala sind, sind laut Asprey am effektivsten, um eine Abnahme zu erreichen und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Auffallend ist, dass viele der eigenen Produkte ganz oben stehen.

    Das ist einerseits absolut verständlich – ich würde auch nur ein Produkt entwickeln, hinter dem ich zu 100% stehe, andererseits zeigt diese Auflistung schon ganz deutlich die Krux von Bulletproof. Es werden viele wertvolle und exzellent recherchierte Infos zur Verfügung gestellt. Auf dem Blog, im Podcast, im Buch. Gleichzeitig ist jedes Wort auch Marketing für die Produkte. Solange es gute Produkte sind, ist das nicht verwerflich, sondern natürlich. Aber welcher Laie kann das immer korrekt beurteilen?

    4. Die zeitliche Anordnung der Mahlzeiten

    Das dritte Standbein der Bulletproof-Diät ist das zeitliche Timing der Mahlzeiten. Es gibt drei Möglichkeiten, die Mahlzeiten auf den Tag zu verteilen, abhängig vom persönlichen Ziel. Bei der regulären Variante isst man drei Mahlzeiten pro Tag. Für schnelleren Fettverlust oder bessere Konzentration wird intermittierendes Fasten empfohlen, dies aber erst nach einer Gewöhnungsphase an die reguläre Bulletproof-Diät. Beim intermittierenden Fasten wird das Frühstück durch einen Kaffee mit Weidebutter und MCT-Öl ersetzt.

    Das klingt komisch, schmeckt aber wirklich sehr gut! Der Kaffee muss mit einem guten Mixer schön aufgeschäumt werden. Dann ist keine Spur von Fettaugen im Kaffee, stattdessen ein schöner schaumiger Kaffee der von der Farbe her an Milchkaffee erinnert. Die Menge an MCT-Öl sollte langsam von 1 TL bis 1 EL gesteigert werden. Dadurch, dass das Frühstück somit keine Kohlenhydrate und kein Protein enthält, werden bestimmte Mechanismen im Körper angeregt, die eine Fettverbrennung beschleunigen und eine Zellerneuerung begünstigen.

    Später folgen noch zwei Mahlzeiten. Bei beiden Varianten sollten Früchte oder stärkehaltiges Gemüse nur am Abend verzehrt werden, Kaffee nur bis 14 Uhr. Die dritte Variante ist das Protein-Fasten. Um die Entgiftung zu fördern, wird empfohlen, an einem Tag pro Woche weniger als 15 g Protein zu sich zu nehmen, idealerweise in Form von Gemüse. Dieser Tag wird gleichzeitig als sogenannter Refeed genutzt, bei dem mehr Kohlenhydrate gegessen werden. Früchte und stärkehaltiges Gemüse sind den ganzen Tag über erlaubt.

    5. Der Erfinder der Bulletproof-Diät

    Gegründet wurde der Blog bulletproofexec.com und die Firma Bulletproof von Dave Asprey. Er ist ein Internet-Nerd der ersten Stunde (er war Teil der ersten Firma, die Shirts über das Internet verkauft hat). Obwohl er in jungen Jahren mit seinen Technik-Unternehmen sehr erfolgreich war, fühlte er sich mies. Er war übergewichtig, konnte nicht klar denken und war gerädert. Um seinen Körper und sein Gehirn wieder auf Trab zu bringen, widmete er sich dem Biohacking. Von besserer Ernährung, über Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu Elektroden auf dem Kopf – er hat viel getestet und mittlerweile 300.000 $ ausgegeben, um seinen Körper zu „hacken“ und seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Unterwegs hat er die Bulletproof-Diät entwickelt, als diejenige Ernährungsweise, die seine Gesundheit und Leistung optimal unterstützt. Er nahm 45 kg ab und erhöhte seinen IQ laut eigener Aussage um 20 Punkte. In seinem Podcast spricht er regelmäßig mit brillanten Personen aus der Paleo-, Biohacking- und Gesundheits-Szene. Er ist ein Technik-Nerd, Biohacking-Freak und aus meiner Sicht ebenso ein Marketing-Genie.

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    Dieser Artikel wurde in der aktuellen Ausgabe des LCHF (Low Carb – High Fat) Magazins veröffentlicht. Die LCHF-Ernährung ähnelt in vielen Punkten einer ketogenen Ernährung und auch zum Teil einer Paleo-Ernährung.  Das LCHF Magazin ist die erste deutsche Fachzeitschrift, die sich auf diese kohlenhydratarme, fettreiche Ernährung fokussiert. Regelmäßig schreiben Experten wie Ärzte und Ernährungswissenschaftler über die gesundheitlichen Vorteile dieser Low Carb Ernährungsweise. Die Autoren erklären in spannenden Artikeln leicht verständlich die Zusammenhänge zwischen einer LCHF Ernährung und körperlicher und seelischer Gesundheit. Wenn du mehr über die Zeitschrift erfahren willst oder diese abonnieren möchtest, dann folge diesem Link >> LCHF Deutschland Magazin.

    Der Artikel wurde geschrieben von

    Marina Lommel

    Marina gründete Foodpunk nach ihrem Abschluss in Ernährungswissenschaften und ist aktuell CEO des Unternehmens. Während ihres Studiums arbeitete sie in verschiedenen Bereichen, darunter in der Wissenschaftsredaktion beim Radio, Redaktion beim TV und Uni-Wissensmagazin sowie im Labor am DZNE in der Parkinsonforschung. Marina ist außerdem Autorin von 5 ernährungswissenschaftlichen Sachbüchern.

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